Wasserturm in Hochwang

Der Hochwanger Wasserturm: Einst schwere Geburt, heute Wahrzeichen

Der Wasserturm von Hochwang wird im Jahr 2014 Jahr 40 Jahre alt. Er ist einer der letzten seiner Art in Baden-Württemberg. Seine Arbeit wird inzwischen von Pumpwerken übernommen. Auch der Oberlenninger Gemeinderat hatte sich damals mit dem Baubeschluss für die Betonnadel schwer getan.

Der Standort ist mit Bedacht gewählt. „Durch die Lage im Wald kann man den Turm nur sehen, wenn man direkt davorsteht, ansonsten reicht der Baumbestand etwa bis zur halben Höhe. Es ist deshalb nicht zu befürchten, dass ein Wasserturm mit der Landschaft nicht in Einklang zu bringen ist.“ So ist es in der Niederschrift des Rats der Gemeinde Oberlenningen am 4. Dezember 1973 festgehalten.

Es hat alles nichts genutzt, auch wenn ihm die umstehenden Bäume inzwischen über die Tulpe zu wachsen drohen: Der ein Jahr später gebaute Hochwanger Wasserturm ist in den vergangenen fast vier Jahrzehnten so etwas wie das heimliche Wahrzeichen des Lenninger Teilorts geworden.Und das wird er auch bleiben. Konkurrenz muss der Turm, einer der letzten seiner Art im ganzen Land, nicht mehr befürchten. „Wassertürme sind überholt. Ihre Arbeit wird heute von Drucksteigerungspumpwerken übernommen“, sagt Bernhard Röhrle, der Sprecher der Landeswasserversorgung Baden-Württemberg.

Arbeit, welche Arbeit? „Der Wasserturm sorgt mit seinem Inhalt in erster Linie dafür, dass der Druck im Leitungsnetz von Lenningen und Hochwang konstant bleibt“, sagt Jan Hertel, der als Wassermeister der Gemeinde so etwas wie der Hausherr in der achteckigen Betonnadel ist. Erst in zweiter Linie werden die 250 Kubikmeter Wasser, die in der auf rund 15 Metern Höhe auskragenden Tulpe gespeichert sind, als stille Reserve vorgehalten. „Die brauchen wir eigentlich nur bei Störfällen oder wenn bei einem Brand schnell und viel Löschwasser benötigt wird“, sagt Hertel. Würden die 250 Kubikmeter aus der sechs Meter hohen Tulpe in die Leitungen der Privathaushalte gespeist, dann könnte sich ganz Hochwang vier Tage lang über Wasser halten. Das Zahlenverhältnis zeigt beiläufig, dass die zahlreichen Appelle, doch sorgsam mit dem wertvollen Nass umzugehen, in den vergangenen Jahren auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Im Jahr 1973 hatten die Planer den Turm noch so bemessen, dass sein Inhalt im Ernstfall die Hälfte eines vollen Tagesbedarfs des Flecken würde decken können.

Jenseits der schmucklosen Betonhülle mag sich die Welt geändert haben, im Innern des Turms herrscht das Gleichmaß. Es ist empfindlich kalt – nicht nur, weil das gespeicherte Wasser eine konstante Temperatur von acht Grad hat. Kaltes Neonlicht setzt kalten Beton in Szene. Die nüchterne Formensprache der Technik lässt keinen Raum für ästhetische Spielereien.

Warm wird es dem Wassermeister trotzdem jedes Mal, wenn ihn sein wöchentlicher Kontrollgang zum Turm führt. Nicht, dass den ehemaligen Spitzen-Biathleten und Skilangläufer die 113 Stufen bis zur Spitze ernsthaft ins Schwitzen brächten – Hertel lebt und liebt seine Arbeit. „Ich bin Wassermeister mit Leib und Seele“, sagt er. Meist hat er keinen Blick für die beiden kleinen Fensteröffnungen ganz oben, von denen eine nach Erkenbrechtsweiler zeigt, und die andere – über den Berghau hinweg – nach Grabenstetten. Hertel kontrolliert die Wasserstands- und die Druckanzeigen und er wirft einen Blick auf das Leitungsgewirr, von dem aus ein Füllrohr und eine Fallleitung abzweigen. Die beiden Hauptrohre, 150 und 125 Millimeter im Durchmesser, überwinden die 15,50 Meter, die sich der Boden der Wasserkammer über dem Erdboden befindet. In regelmäßigen Abständen wird das Wasser ausgetauscht. Dann ertönt aus dem Turminnern das charakteristische Pfeifen. „Das kommt von dem Lochblech, das als Bremse wirkt. Anderenfalls würde durch das hereinschießenden Wasser der Druck in der Leitung schlagartig runtergehen“, erklärt Hertel.

Im Gegensatz zum Wasser, das immer zum tiefsten Punkt strebt, haben die Herstellungskosten für den Turm die andere Richtung genommen. In einem Gemeinderatsprotokoll aus dem Oktober des Jahres 1959, in dem die ersten Überlegungen zum Bau eines Wasserturms in Hochwang dokumentiert sind, wird von einer Investitionssumme von 195 000 Mark ausgegangen. Abzüglich eines Staatsbeitrags von 25 Prozent und unter der mutigen Annahme, dass die für die Wasserversorgung damals zuständige Blau-Lauter-Gruppe 90000 Mark für die alte Gußrohrleitung zahlen würde, durch die zuvor das Wasser die 1700 Meter vom Hochbehälter im Berghau nach Hochwang geflossen ist, wären an der Gemeinde damals nur 56 000 Mark hängen geblieben. Das hat sich 14 Jahre später anders angehört. Im Oktober 1973 hat der Ratsschreiber unter Berufung auf den damaligen Schultes, Gerhard Schneider, festgehalten: „Die Kosten müssen nach Ansicht des Vorsitzenden auf circa 600 000 Mark angesetzt werden.“ Zwei Monate später hat der Gemeinderat das Wasserversorgungsunternehmen Vedewa beauftragt, den Turm „mit einer geschätzten Baukostensumme ohne Mehrwertsteuer von 468 000 Mark zu fertigen“.

Ein Gastbeitrag von Thomas Schorradt.
Thomas Schorradt ist Redakteur der Stuttgarter Zeitung und wohnt in Hochwang.