Ein Exemplar der ersten Lutherbibel in Erkenbrechtsweiler

Kirche Erkenbrechtsweiler

Schatz aus dem Archiv von Erkenbrechtsweiler

Als Anfang der 1980er Jahre der damalige Leiter des Landeskirchlichen Archivs im Pfarramt von Erkenbrechtsweiler herum stöberte, stieß er auf einen echten Schatz: Er entdeckte ein Exemplar der kostbaren ersten Lutherbibel von 1564 in dem beschaulichen Örtchen in der Region am Heidengraben. Vor kurzem kehrte das Werk nach Erkenbrechtsweiler zurück – zwar nicht im Original, aber auch als Reproduktion gaben die 22 farbigen Holzschnitte, die im Gemeindehaus gezeigt wurden, ein eindrucksvolles Zeugnis von der Zeit direkt nach der Reformation in Württemberg.

„Die Vollbibel ist in einer Zeit entstanden, die direkt auf die lutherischen Reformationsbestrebungen folgte“, sagt Dr. Anette Pelizaeus vom Landeskirchlichen Archiv in Stuttgart, die sich für die Wanderausstellung „Eine Bibel für Württemberg“ mit verantwortlich zeichnet. „Die Illustrationen sind sehr bedeutsam. Nach Luther wurden es mehr Darstellungen und es kamen zunehmend Bilder aus den Evangelien hinzu. Luther wollte, dass die Leute die Bibel verstehen, dazu nahm er die Bildsprache zu Hilfe“, erklärt die Expertin.
Die Luther-Bibel von Erkenbrechtsweiler wurde anno 1564 von Sigmund Feyerabend, Georg Rab und Weygand Hanen Erben im Auftrag des Herzogs Christoph von Württemberg in einer Auflage von 200 Exemplaren zur Ausstattung der Kirchen in Württemberg gedruckt. Sie ist demnach die erste für Württemberg gedruckte Bibel, der auch ein Widmungsblatt mit Portrait und Wappen des Herzogs vorangestellt ist. Die Bibel enthält im Original 134 Holzschnitte, die zu einem großen Teil von Jost Amman nach Vorlagen von Johann Bocksberg gefertigt wurden. Die Holzschnitte sind handkoloriert und stellen jeder für sich ein kostbares Unikat dar. Die Textillustrationen, in denen meist mehrere Einzelszenen in einer Darstellung zusammengefasst
werden, dienen der Vermittlung der Botschaft von Jesus Christus und seinem Wirken in der Welt.

Original nur fragmentarisch erhalten

Die Bibel war wohl die Einzige, die damals im ausgehenden 16. Jahrhundert in der Pfarrei von Erkenbrechtsweiler vorhanden war. Sie stand dem Pfarrer zur Verfügung, der aus ihr in den Gottesdiensten las. Es ist anzunehmen, dass die Gemeindemitglieder
auch die Möglichkeit hatten, sich die Bibel und vor allem die Illustrationen näher anzuschauen – in einer Zeit, als nur ein Bruchteil der Bevölkerung des Lesens mächtig war, ein nicht zu unterschätzendes Monument.

Das Exemplar aus Erkenbrechtsweiler ist nur noch fragmentarisch erhalten, ein Teil der Seiten fehlen, auch von den ursprünglich 134 Illustrationen sind 24 gänzlich verschwunden, 26 sind beschädigt. Heute lagert das kostbare Exemplar aus Erkenbrechtsweiler im Magazin des Landeskirchlichen Archivs in Stuttgart, aufbewahrt in Schatullen unter optimalen klimatischen Bedingungen. Für die Reproduktionen der Holzschnitte wurde ein vollständig erhaltenes Exemplar der Bibel, das sich im Besitz der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart befindet, herangezogen. „Da aber jedes Exemplar ein Unikat darstellt, ist die Kolorierung unterschiedlich“, sagt Dr. Pelizaeus.
Mit der Wanderausstellung, die es seit 2012 gibt und die vier bis fünf Mal im Jahr vom Landeskirchlichen Archiv verliehen wird, soll aufgezeigt werden, was für Schätze in alten Bibeln schlummern und diese sollen wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit
gerückt werden. Die Ausstellung wurde vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Kulturstiftung
der Länder sowie vom Verein für württembergische Kirchengeschichte bezuschusst.
Die Ausstellung in Erkenbrechtsweiler sahen rund 250 Besucher. Die Begleitveranstaltungen waren gut besucht und auch zwei Klassen der Grundschule von Erkenbrechtsweiler nutzten die Gelegenheit, in die Orts- und in die württembergische Kirchengeschichte abzutauchen. „Alles in allem war die Ausstellung eine runde Sache“, freut sich Karl Schmauder vom Kirchengemeinderat der zusammengefassten Gemeinden Erkenbrechtsweiler und Hochwang. Er hatte die Ehre, die Tafeln in Stuttgart abzuholen. „Bei dieser Gelegenheit hatte ich auch das Privileg mir das Original im Archiv anzuschauen“, so Karl Schmauder, „Es war ein ehrwürdiges Gefühl diese Bibel zu sehen und ich war überrascht wie intensiv die Farben sind trotz der Tatsache, dass das Original nicht restauriert ist.“ Die Bibel für Württemberg fasziniert also bis heute.

Text: Kerstin Dannath

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